…wenn man Ludwig Renn liest, liest man immer das Zeitgeschehen. Denn aus den knappen Sätzen dieses wahrheitsgetreuen Chronisten und in den Episoden, auch den groteskesten, fühlt jedermann, daß sie im Zusammenhang stehen mit dem, was geschah und was eben geschieht ... Der Respektrummel, die Brutalität gegen die Untergebenen, der Ordensfimmel - all das ist das Vorbild für den deutschen Untertanen gewesen, es war sein Ideal, ebenso pralle Tracht zu tragen, ebenso zackige Kunst zu genießen, ebenso schnauzen, näseln und piesacken zu können. Die Hofclique, erfüllt mit Zeremoniell und Uniform, mit Sekt und Hasardspiel, ist zu dem Zeitpunkt, da Ludwig Renn alle ihre Äußerungen für sein späteres Protokoll in sich aufnahm, bereits im Untergang. Aber dieser Untergang ist nicht vollendet.
Egon Erwin Kisch
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